II. Über die Mainzer Landstraße vom Westend Tower zu den Zwillingstürmen
Zu Beginn der Stadtführung gebe ich einen Überblick über die Frankfurter Hochhäuser der Weimarer Republik bis in die 1950er Jahre. Der Bau der hohen Häuser stieß bis in die 1980er auf erhebliche Widerstände der Bevölkerung. Als in einer Augustnacht des Jahres 1973 am Platz der Republik der Rohbau eines Hochhauses Feuer fing, jubelte eine euphorisierte Menschenmenge.
Der Westend Tower, auch Westendstraße 1 oder Kronenhochhaus genannt, gilt als erster „echter“ Wolkenkratzer amerikanischer Prägung. In seiner Vielfältigkeit, mit seinen Asymmetrien, den Quadern, Zylinder‑ und Kreissegmenten, Einschnitten, Durchstichen und Faltungen, Säulen und Pergolen, Maisonetten und Attiken ist das Ensemble in hohem Maße heterogen und komplex. Eine innere und eine äußere Röhre steifen das Kronenhochhaus aus. Die äußere Röhre ist eine energetisch günstige Lochfassade. Vorgehängt sind Fassadenelemente aus hellem Granit, Glas und Metall. Der Strahlenkranz ist der Kopfschmuck und Blickfang des Sitzes der DZ Bank und weist nach einer Interpretation auf Frankfurt als Krönungsstadt deutscher Könige und Kaiser hin. Die Plastik „Inverted Collar and Tie“ markiert den Eingang des Turms. Der Künstler Claes Oldenburg äußerte sich zu seinem Werk wie folgt: „Sie müssen die Krawatte anziehen, wenn Sie das Gebäude betreten, und können sie erst ausziehen, wenn sie es verlassen – sie kann aber auch wegfliegen.“
Mitte der 1970er Jahre galt das Frankfurter Büro Center, kurz FBC, als die größte „Spekulationsruine Frankfurts“. Das Scheibenhochhaus mit der Reduktionsgeometrie hat die Besonderheit, dass es mit seiner Schmalseite parallel zur Mainzer Landstraße verläuft. Vor dem Haupteingang steht die 11 t schwere, konkav und konvex gewölbte Plastik des Bildhauers Claus Bury aus „unveredeltem“ Schiffsbaualuminium. Ihre Maße korrespondieren mathematisch mit denen des Frankfurter Büro Centers.
Die Mainzer Landstraße entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer viel genutzten Wegeverbindung für Gewerbe, Industrie und Wohnen. In den Jahrhunderten zuvor war sie landwirtschaftlich geprägt und Ort einer Hinrichtungsstätte für „nasse“ Strafen.
Das erste Hochhaus der Mainzer Landstraße datiert aus dem Jahr 1964 und war zur Entstehungszeit das größte Bankgebäude Frankfurts. Als das Hochhaus nur 25 Jahre später dem Trianon weichen musste, wurde dieses kaum noch als solches wahrgenommen. Die Gründung des Trianons besteht aus einer reinen Fundamentplatte. Pfähle waren trotz der enormen Höhe des Hauptsitzes der DekaBank nicht erforderlich. Erstmals in Deutschland gab ein Bauherr grünes Licht zum Einsatz hochfesten Betons für einen Teil des Hochhaustragwerks. Der obere Abschluss des Trianons ist ein auf den Eckpfeilern des Bauwerks aufgelagerter, auf der Spitze stehender Tetraeder.
Zum Abschluss der Stadtführung erreichen wir die städtebaulich markante Einmündung der Mainzer Landstraße in den Anlagenring. In diesem Bereich stand bis 1972 die Ruine des Palais Löwenstein. Während des Dritten Reiches nutzte die NSDAP SA‑Gruppe Hessen das neobarocke, schlossartige Gebäude. Anstelle der Ruine wuchs 1979 das Hochhauspaar der Deutschen Bank empor. Die Zwillingstürme „Soll und Haben“ prägen das Erscheinungsbild der Mainzer Landstraße entscheidend mit, haben ihre Adresse jedoch an der Taunusanlage. Eine komplizierte geometrische Form, die von Dreiecken dominiert wird, bildet den Grundriss des Ensembles. Die Zwillingstürme sind die ersten Hochhäuser in Europa mit Röhre‑in‑Röhre‑Systemen zur Aussteifung.
Stadtführung für Gruppen
- Am Teich vor dem City‑Haus I,
- Platz der Republik 6,
- 60325 Frankfurt am Main.
- Treffpunkt in OpenStreetMap.